Der Kreis schließt sich: ungefedert und türkis. Mit ganz viel Orange und dann irgendwie auch noch mit Bezug zur Schweiz. Winter 1990, der kleine Marcus macht ein Praktikum in der Schweiz. Natürlich hat er sein Mountainbike dabei, irgendwas von Fuji, nicht so richtig geil aber mehr gab es damals noch nicht in Hamburg. Internet auch nicht. Es schneit viel und er entdeckt neben den Trails rund um das schöne Schönbühl auch die schon in voller Blüte stehende Mountainbike-Szene in Bern. In Hamburg gab es die damals noch nicht, da fuhren nur Straßenspießer mit weißen Socken durch die Gegend und im Winter mit Volker Rühe auch durch den Wald. Und als BMXer konnten die mit mir und ich mit ihnen auch null anfangen. In Bern drehte sich damals alles um einen Typen namens Butch und der hatte in seinen Läden so viele exotische Bikes, Klamotten und Parts in bunt, wie Marcus sie damals nur aus der neuen BIKE kannte. Als Konsequenz sitzt er ein bisschen später auf einem "Yeti Ultimate", als Hanseat aber wieder ganz schlicht in grau. Für alle, denen das nichts sagt: Yeti war in den 90ern eine DER Kultmarken aus den USA für Mountainbikes. Das Ultimate war ungefedert, damals aber der heißeste Scheiß, weil aus dickem Stahlrohr, bombig stabil und mit hochgelegten Kettenstreben. Die Idee dahinter war mehr Reifen- aber auch Designfreiheit für die Rahmenbauer. Das waren schon damals ein experimentierfreudige Typen ohne weiße Socken. Winter 2020, Der Baranski entdeckt die Liebe zum Thema Gravel-Bike. Nachdem ich die letzten Monate auf eine Áspero von Cervélo massiv Blut geleckt hatte (siehe im Detail hier) war klar, dass ich auf jeden Fall eins haben wollte, das beide Laufradgrößen kann. Also groß in 700c oder 28 Zoll und dazu auch in klein und fett bzw. 650B oder 27,5 Zoll. Außerdem sollte es was leichtes und steifes aus Carbon werden und erst gar keine Aufnahmen oder sowas für Gepäckträger und Wanderfahrten im Wald haben. Und bei allen Bikes von der Stange passte mir schon im Vorfeld die Hälfte der Teile wieder nicht, also ging es Richtung Selbstaufbau. Konsequenz: mein erstes eigenes Gravel-Bike ist ein WI.DE. von Open. Das kommt virtuell auch aus der Schweiz, auch wenn auf dem Karton noch was von den Niederlanden und Taiwan draufstand. Weil die Laufräder und Reifen bei dem Segment sowas wie der Dreh- und Angelpunkt sein können, wird da sicher noch eine Menge Bewegung drin sein. Aktuell bin ich aber mit 45er Schwalbe G-One auf Syncros Carbon-Laufrädern in 700 c unterwegs. Aber wie gesagt, da wird sicher noch eine Menge mit rumexperimentiert werden, je nach Gelände und Zielsetzung. Der Rest der Komponenten hat auch eine ganze Weile in meinem Kopf rumgespukt, primär morgens um drei Uhr und rausgekommen ist das hier: Die Schalt- und Bremsparts stammen alle von Shimano, was für ein Wunder. Und zwar in der klassisch mechanischen 812er GRX-Version. Das hat sich erst ganz kurz vom Aufbau entschieden, weil ich eigentlich schon bei der Di2-Version gelandet war. Allerdings liegen die STIs davon gleich wieder ganz anders in der Hand als bei der mechanischen Variante und die gefiel mir am Cervélo so gut, dass ich da nicht wieder von weg wollte, vor allem im Gelände, wenn man da auch mal länger und feste anpackt. Dann eben ohne die angedachte Satellitenposition für einen weiteren Shifter am Oberlenker und gut 500,- Euro günstiger in der Summe, auch gut. Das WI.DE. ist von vornherein nur für den Antrieb mit einem Kettenblatt ausgelegt und mehr wollte ich auch gar nicht haben. Der linke Bremshebel kann dabei dann auch nichts außer bremsen. Dafür habe ich vorne ein 40er Blatt und hinten (zum Glück!) eine 11-42er Kombination draufgebaut. Den Unterschied merkt man nämlich schon bei den größeren Laufrädern. Das Áspero hatte die kleineren Laufräder drauf und da war ich mit einem 40er Ritzel und einer 1:1-Übersetzung happy. Natürlich ist die Kette auf Ultegra-/XT-Niveau von mir mit Molten Speed Wax behandelt, das funzt nämlich auch im Gelände und bei Dreckswetter großartig! Apropos Dreckswetter: beim WI.DE. ist der eine Schaltzug durchgängig verlegt und da habe ich auf einen alten Bekannten zurückgegriffen, auch wenn das mit mechanischer Schaltung bei mir schon etwas her ist. Die Außenhülle stammt nämlich von capgo, einem Zulieferer für sowas aus Deutschland, der auch gleich die Klapperschutzhüllen dazu geliefert hat. Die komplette Innenverlegung kann schnell zu einem Alptraum werden, das kenne ich schon von den ganzen integrierten Zeitfahr- und anderen Bikes. Dabei habe ich auch magnetische Führungen gesetzt, mit denen man Hüllen im Rahmen von außen mit einem starken Magneten führen kann von einer Bohrung zur nächsten. Parkt Tool macht es möglich, die bauen nämlich neben ganz tollen Werkstatthockern und Flaschenöffnern für das Bier auch gutes Werkzeug für die Werkstatt. Sowas hätte ich mir man schon vor Jahren kaufen sollen, da hätte es einige Wutausbrüche weniger beim Schrauben gegeben und hier wären weniger Löcher in der Wand. Beim Cockpit habe ich aktuell auf was von Ritchey gesetzt und zwar den WCS Ergomax in 44 Zentimetern und einen 100er Vorbau. Der Lenker hat eine leichte Kröpfung an der Vorbauklemmung, tendenziell ist das also alles recht hoch, auch dank des Spacers von 20 Millimetern, den ich trotz 196er Steuerkopf fahre. Aber: ich sitze bei allen meinen Bikes mittlerweile recht hoch und mit wenig Überhöhung. Merke: viel Überhöhung ist tendenziell eher 90er, das Ultimate hatte damals auch einen 135er Vorbau – als Mountainbike! Wer auf den Bildern über die Position der Bremsgriffe stolpert: die sitzen mittlerweile ein Stückchen tiefer. Bei der Erstmontage ist das immer so eine Sache so ein Rad von der stationären Rolle ins Gelände zu nehmen und da dann alles final zu justieren, bis es passt. Tut es jetzt aber. Sitzen tue ich auf einer kompletten Übernahme von einem meiner Roadbikes: konkret ist das ein "Power" Sattel von Specialized (eine derbere Variante mit Stahlstreben) und die Blattfederstütze VCLS 2.0 von den Freunden von Canyon aus Koblenz. Interessanterweise in fast schon filigranen 27,2 Millimetern. Speziell auf Kopfsteinpflaster ist das sowas wie eine Mischung aus Sofa und Bügeleisen. Weil ich mit dem Gravel-Bike solche Passagen im Sitzen fahre, bringt das da ordentlich was, anders als ruppiges Zeug auf meinem 29er MTB – da stehe ich dann nämlich eher schon in den Pedalen. Und Kopfsteinpflaster habe ich die letzten Monaten massig entdeckt im Gelände in der Lüneburger Heide. Da sollte man neben richtig Druck in den Beinen auch den richtigen in den Reifen haben: Die fahre ich auf den 40 Millimeter hohen Syncros-Laufrädern aktuell mit 2 (vorne) bzw. 2,3 Bar (hinten) und natürlich ohne Schlauch und mit viel Milch. An dieser Stelle nochmal Danke für den Tipp an Peter Krischio von Schwalbe, der mir seit Jahren vom Graveln vorgeschwärmt hatte und bis vor kurzem von mir dafür nur so halbmüde belächelt wurde. Weil Spaß macht das auf jeden Fall, aktuell sogar mehr als Rennradfahren. Haste ja Recht gehabt Peter! Noch ist da nichts zur Wattmessung dran, aber das wird nicht mehr lange dauern und dann wird damit auch so richtig geballert. Also normal wird es das jetzt auch schon, aber halt ohne Werte, sondern nach Gefühl. Und anfühlen tut es sich schon mal ziemlich klasse, damit über alles rüber zuballern, was das Rennrad auch mit 28er Reifen ans Limit gebracht hat. Und jetzt wird es interessant und der Kreis schließt sich zu damals: Die Farbe ist was Limitiertes von Open und nennt sich Yeti-Türkis. So, und als der eine der beiden Opener Andy Kessler mich fragte, ob ich einen Rahmen in grau oder eben diesen in türkis haben wollte, da war das schnell klar. Weil mein Yeti damals genau den Grauton hatte, wie es beim Open die Alternative gewesen wäre. Das Open hier hat jetzt witzigerweise tiefergelegte Kettenstreben für – genau – unter anderem mehr Freiheit im Rahmendesign. Witzig, oder? So, und jetzt noch einmal in aller Klarheit: das wird kein Rad zum Radwandern und ich werde damit nicht im Wald übernachten, also so mit Zelt und so. Aber das wird trotzdem irgendwie eine Reise werden mit dem Open, da bin ich mir sicher. Und wenn ihr wissen wollt, ob das wirklich alles so geil bleibt oder dabei vielleicht auch mal was auf der Strecke bleibt: hier im Blog wird es ab jetzt sicher ab und zu auch mal um den Rennlenker im Offroad-Modus gehen! 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Hier geht es um Sport an der frischen Luft! Dabei ist mindestens ein Fahrrad involviert und manchmal geht auch was kaputt. Sei es an Mann oder Maschine.
Da ich im Norden lebe, ist es zehn Monate im Jahr kalt und nass . Die Radfahrerbräune bleibt dabei auf der Strecke. Dafür klebt der Dreck überall und die Rotze gern mal quer. Was mir dabei durch den Kopf geht oder auf der Strecke bleibt, findet ihr hier bei mir im Blog #fratzengeballer. Also, welcome to the real world! Der Baranski Archiv
September 2023
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