Gestern war mal wieder so ein Tag der Wahrheit, ein Test stand an. Ich mache den normalerweise im Trainingslager um diese Jahreszeit und unter der Saison gern auch mal zwischendurch und zuhause. Der CP-20-Test (für critical power) sagt mir hinterher ganz konkret, was ich über zwanzig Minuten all out an Leistung latschen kann. Wichtig hierbei zu wissen: Ich weiß vorher, dass es genau zwanzig Minuten sind und im Extremfall kippe ich danach dann würgend vom Rad. Den fahre ich immer draußen, weil ich mich nie im Leben drinnen auf dem Ergometer so ausbelasten kann. Hilfreich ist dafür immer eine Strecke ohne eine einzige Unterbrechung und sowas wie Kurven und Senken, weil das den Wattdurchschnitt versauen würde. Gut ist was mit Wind und gern einer leichten Steigung, weil ich dann noch etwas mehr aus mir rauskitzeln kann. Hier bietet sich das deshalb immer an der Elbe an. Höhenmeter gibt es da zwar keine, aber Wind immer. Genau genommen war es aber schon der CP-20 in der Version 2.0, weil ich den am Mittwoch auch schon gefahren bin und das war so: Ihr kennt das vielleicht auch von eurer Trainingssoftware, wenn man nach Hause kommt und eine Auszeichnung in gold auf euch wartet. Ich bin da die letzten Wochen ein wenig abgestumpft, weil es jedes Mal eine neue Goldmedaille gab – für die tiefste Temperatur. Deshalb habe ich Mittwoch erst auch nur mit einem Auge hingeguckt. Bei genauerem Hinsehen war das dann aber alles ziemlich gut. Es gab 9 persönliche Rekords (!) In Zahlen ausgedrückt: Ich hatte mir in meiner bescheidenen Art vorgenommen, irgendwas zwischen 370 und 380 Watt zu fahren. Rausgekommen sind dann 374. Ungefähr zwei Minuten später fing ich also an zu überlegen, was da hätte besser laufen können. Minimal das Pacing (das hätte mal wieder etwas gleichmäßiger sein können, was für ein Wunder) und dann war da ein Lieferwagen, wegen dem ich ein paar Tritte rausnehmen musste, weil der abbiegen wollte. Ergo da musste mehr drin sein. Was ich eh nochmal vor hatte, war so eine Art Validierung auf einem anderen Rad, konkret dem Zeitfahrbock, auf den es bei mir im Wettkampf ja nur ankommt. Das am Mittwoch hatte ich auf dem Addict Rennrad gefahren. Dazu hatte ich im Herbst schonmal einen Artikel samt Labortest bei HYCYS für die triathlon gefahren. Annahme, auch von den beteiligten Sportwissenschaftlern damals war, dass es auf dem Rennrad leichter mit den Watt sein würde als in Zeitfahrposition. Ergebnis nach zwei Tagen: Das war eine Ente. Zumindest damals. Und deshalb ging es gestern nochmal ran, auf dem Speedmax und in Zeitfahrposition. Beide Bikes haben übrigens zwei identische SRM-Systeme dran, die frisch aus dem Service kamen. Und beide Male gab es am Vortag nur eine kurze Vorbelastung. Als i-Tüpfelchen habe ich mich dann noch via Video aus dem Fenster gelehnt, dass ich gestern wohl ordentlich einen raushauen würde. Und das war es dann auch. Bei einigen Sachen lern ich auch nicht dazu, Stichwort "unter dem Radar". Morgens war es kalt und diesig, im Vergleich zu warm und sonnig am Mittwoch – da ging es in der Mittagspause sogar ohne Handschuhe. Dann hat noch mein Kumpel abgesagt, den ich eigentlich als Hasen missbrauchen wollte, weil er sich abends spontan einen reingeschraubt hatte. Wie ich sowas immer liebe. Dafür habe ich ihm heute beim Graveln übrigen dann auch so richtig schön einen eingeschenkt. Und dann merkte ich schon nach ein paar Minuten, dass da gar nichts geht und ich die Kurbel kaum rumbekam, was für eine Grütze. Zu Ende gebracht habe ich das dann aber doch. Allerdings mit guten 30 (!) Watt weniger als am Mittwoch und auf dem Rennrad. Wenn man das denn vergleichen kann, war das quasi die Wiederlegung des Anlaufes aus dem Herbst. Ich hoffe das ja insgeheim nicht. Da hilft also nur eins: Das Ganze muss nochmal wiederholt werden in den kommenden Wochen. Ob ich vorher nochmal das Maul auf Instagram aufreiße, entscheide ich dann spontan. Noch ganz kurz zum CP-20- versus FTP-Test: Wie die meisten von euch wissen werden, läuft der FTP-Test genauso ab, man zieht dann allerdings fünf Prozent von dem Zwanzigminutenwert ab, um auf die FTP (für functional threshold power) zu kommen, die man theoretisch über eine Stunde treten kann. Oder sieben Prozent. Oder zehn. Oder bei Vollmond – der war ja auch gerade – irgendwas. Ihr merkt schon, das ist dann wieder eher theoretischer Natur und da sind mit die harten Fakten lieber, dich ich auf die Straße zimmern kann. Den FTP-Wert bestimme ich im Sommer nämlich auch so: Beim Midsommernachtszeitfahren der Zeitfahrserie Nord in Schwesing bei Husum. Da bin ich immer eine gute Stunde unter Wettkampfbedingungen unterwegs und das mit Dauerzug auf der Kette. Danach weiß ich dann schwarz auf weiß, was ich eine Stunde lang kann. Ohne Abzüge und viel Gerechne. Was hingegen nie was werden wird, ist was mit mir auf dem Ergometer im Labor. Das mit dem Schnorchel bei der Spiro hasse ich so sehr, dass da nie auch nur annähernd die Werte bei rauskommen werden wie aus der freien Wildbahn. Ein kleiner Disclaimer noch zum Schluss: Glaubt im Zweifelsfall erstmal wenig bis gar nichts von dem, was euch andere Sportsfreunde über ihre Leistung erzählen. Da ist sowohl nach oben als auch nach unten oft wenig bis gar nichts dran. So ähnlich wie „ach, ich konnte kaum trainieren und war jetzt wochenlang krank“ und so weiter. Von den Unterschieden der verschiedenen Wattmessgeräte mal ganz abgesehen. Konzentriert euch lieber auf euch, das bringt unterm Strich mehr Fortschritt. In diesem Sinne, weiterhin fröhliches Fratzengeballer euch allen, wir sehen uns!
Danke an Frank Wechsel für die Nahaufnahme. Der kennt in solchen Momenten bekanntlich keine Gnade und hält drauf. |
Hier geht es um Sport an der frischen Luft! Dabei ist mindestens ein Fahrrad involviert und manchmal geht auch was kaputt. Sei es an Mann oder Maschine.
Da ich im Norden lebe, ist es zehn Monate im Jahr kalt und nass . Die Radfahrerbräune bleibt dabei auf der Strecke. Dafür klebt der Dreck überall und die Rotze gern mal quer. Was mir dabei durch den Kopf geht oder auf der Strecke bleibt, findet ihr hier bei mir im Blog #fratzengeballer. Also, welcome to the real world! Der Baranski Archiv
September 2024
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