Du kennst das vielleicht: Man verfolgt jemanden bei der Vorbereitung auf einen Wettkampf, drückt die Daumen oder auch nicht, checkt dann den Livestream oder die Ergebnisse und dann hat der nicht nur nicht performt, sondern auch gleich zig Ausreden am Start, warum das heute wieder nichts geworden ist mit dem Rocken. Ich finde das meist ziemlich langweilig, schließlich bin ich primär auf Social Media unterwegs, um geilen Aero-Scheiß zu sehen und keine Reinfälle. Wenn dir das ähnlich geht, dann bitte ab hier nicht mehr weiterlesen. Im Folgenden gibt es nämlich die volle Packung davon, inklusive jeder Menge Frust von der Seele schreiben. Vorab: Ich habe mir die Hardcore-Woche aus Masters-WM in Trento und dem KOTL am Attersee schon mit Bedacht ausgewählt. Von hier oben aus betrachtet liegt beides nur fünf Stunden auseinander und zwei Tage dazwischen sollten an Regeneration eigentlich reichen. Beziehungsweise als Vorbelastung. Die WM waren knappe 20, der KOTL gute 47 Kilometer lang und damit schon das ganze Jahr meine beiden ausgesprochenen Highlights. Alles andere war nur zur Deko und zum Training gedacht und weil ich kurz vor der Staffel in Roth noch Corona hatte, gab es sonst eigentlich nur Almere und die Norddeutsche Meisterschaft im Frühjahr und das Wasserstadt-Zeitfahren in Hannover – und eben ein paar Trainings-TTs, um mal zu gucken, wie weit ich den Gashahn aktuell aufreißen kann. Nach dem Sommer sah das damit die letzten Wochen wieder nach Punktlandung aus. Anfang September war das noch schwach, Mitte September etwas besser und die Woche vor der Abfahrt nach Italien zufriedenstellend. Weil ich da auch redaktionell eine Menge zu machen wollte, ging nicht nur massig Kamera- und anderes Equipment ins Auto, sondern auch meine Madame Fotorika. Wir hatten einiges geplant und beide Lust auf eine Woche Roadtrip mit zwischendurch mal Sport und dann Saisonabschluss am Attersee. Montag ging es dann los und in zwei Rutschen bis nach Italien. Trento ist eine schöne Stadt und bei so einer Masters-WM trifft man immer jede Menge neuer Leute aus aller Welt, wie zum Beispiel die Truppe aus Simbabwe, die mir die Tage immer wieder über den Weg gelaufen ist und glaube ich so viel Spaß wie sonst kaum einer vor Ort hatte. Apropos Spaß, den haben ja auch immer wieder die Jungs von der UCI mit ihrer Messlehre und den diversen Vorgaben, was wie lang sein darf oder nicht. Spoiler: So wie ich da am Vortag bei der Abnahme antanzte, darf ich 2023 endlich sitzen. Für dieses Jahr hieß es dummerweise nochmal kurz schrauben, bis es grünes Licht gab. Am WM-Tag war dann wie durch ein Wunder die Extension wieder um einen Zentimeter gewachsen, ohne dass ich da noch mal dran war. Das war ihm dann aber zum Glück egal. Meine Meinung zu diesem ganzen Aufriss kennt ihr, das ist alle ganz großer Mist und nicht gut für die Position und das Wohlfühlen auf dem Rad. Obwohl Spaß hatten wir da beide mit, O-Ton: "now you have reached all limits!" Die guten News: Der Zeitfahrkurs lag mir auch, schnell und flach ist ja mein Ding. Die Temperaturen waren für norddeutsche Verhältnisse hochsommerlich. Die Vorbelastung am Mittwoch lief auch super und die Pizza war prima, also alles gut bis Mittwoch. Bis sich nachmittags dann unser Sohn von zuhause meldete. Einer unserer Hunde, die Nelli war krank und lag wie ein Schluck Wasser in der Ecke. Das wäre schon live vor Ort nicht schön gewesen, aber aus der Entfernung ging das gar nicht und war dramatisch. Die Dame ist nämlich schon 12 und gehört bei uns fest zur Familie. So, und ab da ging meine Woche kräftig den Bach runter. Zumindest einer von uns musste so schnell wie möglich nach Hause, weshalb wir jetzt auch den Provinzflughafen von Bozen kennen. Wer den sucht, der ist im Gewerbegebiet hinten rechts und ab da kann man direkt bis Hamburg fliegen, was Rika dann am WM-Tag Donnerstag auch tat, nachdem ich sie morgens um sechs da hingefahren hatte. Ich war dann um acht Uhr morgens wieder in Trento und habe mich gefühlt wie ausgekotzt. Start war um 1400 Uhr und eigentlich hätte ich mir den sparen können. Die Geschichte vom Rennen ist dann auch schnell erzählt: Mir fehlten gute 30 Watt und ich wurde in meiner Altersklasse nur 10., so schlecht war ich da noch nie. Jetzt kann ich es ja sagen, weil es nicht geklappt hat: Nach den Plätzen 5 und 2 sollte der Weg eigentlich in die andere Richtung weitergehen. Zum Sieg haben an dem Tag dann 1 Minute 17 gefehlt. Immerhin waren in meiner Altersklasse 55 Platzierte unterwegs, weil das ja immer gern kommt, so nach dem Motto „na, da waren wohl nur fünf Leute am Start“. Überhaupt war diese WM wohl die am besten besetzte seit Jahren. Hut ab deshalb auch vor den ganzen Titeln und Platzierungen, die die anderen alten Zeitfahrmänner und -frauen aus Deutschland alle geholt haben. Mein Coach meinte nachher, ich könne auch an mittelmäßigen Tagen im Training deutlich mehr abliefern, als beim Saisonhighlight Nr. 1 dann effektiv ging. So, und zum Abschluss hat mir dann auch noch irgendwas mit Federn direkt vor die Heckklappe geschissen, mit Trento war ich dann mehr als fertig. Bisher war der KOTL immer ein Garant für schönste Spätsommerwetter mit einem türkisblauen See in der Mitte. In weiser Voraussicht hatten die Atterbiker für dieses Jahr einen Satz komplett neue Regenjacken für alle Helfer vor Ort geordert und die gab es offenbar nur mit dem entsprechenden Setting: Kalt und nass und stürmisch. Eigentlich für mich nichts besonderes, so ist das hier im Norden dauernd, allerdings habe ich dann mehr als einen Hauch von nichts an und fahre nicht mit 70 im Aero-Lenker die Berge runter. Eines der immer noch offenen Ziele war wie immer, endlich mal unter einer Stunde zu fahren. Davon habe ich mich dann bei Minute 58 verabschiedet, als noch zwei Kilometer zu fahren waren. Tendenziell waren alle etwas langsamer, aber in der Summe dummerweise dann satte 19 Leute schneller als ich und auch das hatte ich mir anders vorgestellt. „Du bist auch nie zufrieden“ meinte neulich noch wer. Das ist natürlich alles relativ, aber ja, ich glaube das stimmt. Am Ende waren es dann 1:02:29,86, damit knapp 2:30 Minuten langsamer als bei meinem Sieg 2018 und drei Minuten langsamer als der diesjährige Sieger, den ich seit dem Winter als den zukünftigen KOTL auf dem Schirm hatte. Gewonnen hat nämlich der Rennrad-Sieger 2021, der mir über den Winter schrieb, er habe jetzt auch endlich ein Zeitfahrrad. Na super. Vor Ort ist er schon etwas länger für seinen Bumms und andere Dinge gefürchtet und auch wenn er auf den ersten Blick eher wie ein rollendes Bierfass daherkommt, Alexander Lemp, du geiler Typ, Hut ab vor der Leistung! Wenn du weniger saufen würdest, dann könnte aus dir direkt noch was werden. Weil es anfangs ja noch um Altersklassen ging und ich mit der Zeit und allem Sportlichen auch bei Highlight Nr. 2 nicht zufrieden bin, gereicht hat es dieses Jahr zu Platz 3 bei den U-60ern. Und auch wenn das Bild so aussieht und mich schon einer fragte, nein, ich habe mir da keinen Wolf eingefahren. Dazu bin ich ja zu gut vorbereitet, auch wenn ein Großteil der Vorbereitung auch beim KOTL fett ins Wasser gefallen ist. Wobei das mit dem Lieferdienst mittags vorm Rennen noch gut geklappt hat. Die Jacke ist übrigens auch frisch gewachst! Ein Lichtblick dieser eigentlich als Highlight-Woche gedachten Tage war dann das Fest im Bierzelt, dass die Atterbiker da jedes Jahr auf die Beine stellen. Mit so vielen Leuten habe ich da noch nie gequatscht und einen gehoben, unter anderem mit den Belgiern Waldo Thienpont und einem meiner Lieblingskonkurrenten (weil er mich immer so nett verbläst) Filip Speybrouck, der kürzlich in Mexiko den Stundenweltrekord der Masters auf der Bahn geknackt hat und ihn damit jemandem abgenommen, der beim KOTL auch schonmal „gewonnen“ hat, aber dann bei der Dopingkontrolle verweigert hat und überhaupt irgendwie ganz schön stinkt. Aber das sind zwei bis drei andere Geschichten, die ich nochmal aufgreifen werde, quasi als Lückenfüller über den Winter, falls mir langweilig wird. Ach ja, falls es noch jemanden interessiert, Nelli Pirelli geht es wieder blendend, sie erlebt gerade ihren siebten oder achten Frühling, trotz jetzt auch in Hamburg Herbst. Ich gehe jetzt erstmal in die Off Season und guckem, was die Zukunft so bringt, so richtig geil fand ich mein Sportjahr 2022 nämlich nicht. Schönen Winter euch! Danke an Gottfried Gärtner, Martin Granadia, Friedemann Bock, @leo__foto , sportograf und fotorika für die Bilder zu diesem Blog.
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Hier geht es um Sport an der frischen Luft! Dabei ist mindestens ein Fahrrad involviert und manchmal geht auch was kaputt. Sei es an Mann oder Maschine.
Da ich im Norden lebe, ist es zehn Monate im Jahr kalt und nass . Die Radfahrerbräune bleibt dabei auf der Strecke. Dafür klebt der Dreck überall und die Rotze gern mal quer. Was mir dabei durch den Kopf geht oder auf der Strecke bleibt, findet ihr hier bei mir im Blog #fratzengeballer. Also, welcome to the real world! Der Baranski Archiv
September 2024
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