Heute geht es zum #timetrialtuesday um den größten Freund des Zeitfahrers und Triathleten, den Wind. Dass ist durchaus ernst gemeint ist, soweit man ihn denn richtig nutzt. Dass auch das geht, werdet ihr spätestens nach diesem Blog wissen. Vermutlich werden viele von euch nämlich noch denken, Wind sei blöd und mache langsam. So wie Basti in Roth. Das Gegenteil ist aber oft der Fall. Schnellmacher Wind? Zum ersten Mal habe ich das für mich so richtig realisiert bei einen Staffel auf der Mitteldistanz, wo ich die genau 90 Kilometer auf dem Rad auf dem Zettel hatte, damals noch auf einem Cervélo P3C, so richtig schön oldschool mit viel Drop und dem tiefen Tri-Spoke von HED vorne drin samt Schlauchreifen in 21 Millimetern drauf. Die Denke war damals noch schmal ist gleich windschnittig. Konkret war das beim ITT Ferropolis, einer Veranstaltung mit topfebenem Rad-Kurs mit 30 Kilometern und viel Windangriffsfläche, weil oft frei über den Acker führend. Ich war damals statt 90 Grad zur Fahrbahn, also aufrecht, oft eher so bei 60 bis 70 und gefühlt wie auf einer Rasierklinge unterwegs. Noch ein bisschen mehr Kipp und es hätte vermutlich irgendwann rumms gemacht. Am Ende standen allerdings glatte zwei Stunden auf der Uhr und ich kam vor Schmerzen im Gluteus Maximus kaum noch vom Sattel und bis zum Läufer gehumpelt. Der meinte im Nachgang noch, man würde mir gar nicht ansehen, dass ich so schnell Radfahren könnte. Wobei, dass er mit einem unfallbedingt gelähmtem Arm unterwegs war, sah man am Ergebnis auch nicht. Wir haben damals glaube ich gewonnen. Moin an dieser Stelle, Herr Hüppe. Irgendwann habe ich mir dann mal den Schnitt ausgerechnet und siehe da, das war mit 45 km/h maximal das, was ich sonst nur auf deutlich kürzeren Zeitfahren hinbekam, wenn überhaupt. So schlecht war das Segeln offenbar nicht. Und das ist auch die erste Kernaussage: Wind kann euch dabei helfen, schnell zu fahren, weil er, wenn er auf das richtige Material trifft, eben nicht bremst, sondern schiebt. Glaubt hier gern mal das, was die Industrie euch erzählt, das geht wirklich. Der Wind kommt immer von vorne! Zweite Ente, mit der ich in diesem Zusammenhang gern und immer wieder aufräume: Der Wind kommt fast nie voll von vorne. Früher wurde alles an Aero-Kram auf rein frontale Anströmung ausgerichtet. Das war schön einfach, auf den ersten Blick plausibel und als Ergebnis war auch ganz viel dann gleich gut. Die Unterschiede werden aber erst sichtbar, wenn er zumindest zum Teil auch von der Seite kommt. Der Segeleffekt richtig einkalkuliert macht dann die Unterschiede aus, primär bei allem flächigen aus Carbon sprich Laufräder (ganz stark) und Rahmensets (auch hier immer wichtiger). Mit Paul Lew, der jahrelang hinter Reynolds Laufrädern stand und dann irgendwann in die Drohnenentwicklung abgewandert ist, hat mir ein richtiger Szene-Typ auf Hawaii das mal so erklärt: Der Trend gehe Richtung High Drag/High Lift-Bikes oder eben zu Low Drag/Low Lift-Bikes. Übersetzt geht das also in zwei Richtungen, was ich aus den letzten Jahren voll bestätigen kann: Entweder das Rad ist für viel Segeln ausgelegt, etwa wenn man auf dem Queen-K-Highway nur Richtung Norden und Süden fährt und hier den Wind nutzen will. Dann hat es auch relativ viel Fläche, die man dem Wind bietet, um ihn zu nutzen. Sowas verkauft man als Radhersteller an Triathleten, die nachher noch laufen wollen. Oder es ist weniger flächig, dafür aber für Highspeed ausgelegt, die in erster Linie vom Fahrer generiert wird. Im Extrem halt die TT-Bikes aus der Pro-Tour, die nach dem Fahren erstmal in die Waagerechte gehen. Hier wird das Rahmendesign zudem durch die UCI eingeschränkt, sodass so richtig viel Fläche wie den reinen Triathlon-Rädern gar nicht erlaubt ist. Am Rande: Das weicht aktuell etwas auf, denn wo es lange hieß, man dürfe nur ein 3:1-Verhältnis haben, geht das so weit ich das jetzt durchschaue teilweise schon Richtung 8:1. Gemeint ist immer Tiefe mal Breite. Trotzdem wird man die rollenden Schrankwände eher beim Triathlon suchen, wo die Geschwindigkeiten eine Drei oder Vier statt eine Fünf vorne stehen haben. Mit Segeln kann vermutlich auch eher der Triathlet was anfangen und der Filippo Ganna eben nicht. Weil je schneller man fahren kann, umso unwichtiger wird der Seitenwindeinfluss wieder. Viel hilft viel? Vorteil von viel Fläche also: Man segelt gut. Nachteil, vor allem bei starkem und die Richtung wechselnden Wind: Man muss das auch fahren können. Das gilt für Laufradhöhe und Rahmenfläche. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es auch ganz schön an den Nerven zerren kann, wenn der Wind sich dauernd neu anlegt und wieder abreißt. Hier an der Elbe und/oder Norsee hatte ich bei stürmischen Bedingungen (Spitzenböen bei fetten 77 km/h in 2021) dann das Gefühl wie bei Asterix. Da gibt es diesen Fischhändler namens Verleihnix und der vermöbelt die Römer mit einem Fisch, immer schön links und rechts um die Backen. So sah ich auch mehr als einmal aus im letzten Jahr. Bei den Laufrädern war dieses Zuviel früher schonmal der Fall, und zwar mit dem 1080er Laufrad von Zipp. Das war, genau, 108 Millimeter hoch und so ein Overkill, dass es klanglos wieder vom Markt verschwand. Mit dem Ding hatte ich Zeitfahren, die ich zu großen Teilen am Basislenker fahren musste, weil das Rad (auch das alte P3) nicht beherrschbar war. Bei Laufrädern hat sich jetzt bis auf ganz wenige Modelle das Maximum bei 80 Millimetern eingependelt. Und bei den Bikes ist das Limit des Guten aus meiner Sicht auch langsam erreicht. Der Ironman Hawaii war ja schon länger nicht mehr, aber der Wind da ist auch an „schwachen“ Tagen wie 2019 streckenweise so stark, dass einem am Streckenrand der Hut wegfliegt. Und wie sich die ganzen neuen Superbikes in der breiten Masse dann fahren, würde ich gern mal sehen. Vor allem mit Leichtgewichten im Sattel. Kleiner Tipp am Rande, ob dann in der Lava oder über den Acker ballernd: Sicherheit bringt in so einem Fall immer, dir klarzumachen, dass der Wind dich zwar seitlich wegdrücken mag, er aber nie dein Vorderrad zu einem spontane Einschlag um 90 Grad bringen wird. Sprich, wenn du nur beharrlich gegensteuerst, dann wirst du auch mit sehr viel Angriffsfläche bis zu einem gewissen Grad (etwa die 77 km/h von oben) geradeaus fahren. Da musste auch ich nämlich wieder außen greifen. Unten ist, wo es aero ist! So, und was nimmst du (und der Basti vom Aufmacherbild) jetzt für sich mit hieraus? Wichtig ist, den Wind als Faktor zu verstehen, der dir durchaus auch dabei hilft, so richtig schnell zu fahren. Idealerweise bist du dabei immer in der Aero-Position und nicht wie ich hier 2020 in Almere beim Monsterzeitfahren außen greifend. Das frisst nämlich massig Watt und sieht im Nachhinein auch ziemlich dämlich aus, schließlich hast du den Aero-Lenker ja teuer bezahlt. Was die Finger da an den Bremsen machen, weiß ich bis heute nicht, vermutlich war ich da einfach schon auf und total blau in Runde vier von vier. Probiere rechtzeitig aus, wie viel Carbon du fahren kannst und gewöhne dich daran, wie sich das verhält, wenn der dicke Fisch von der Seite kommt. Und wenn der Wind wie bei Basti gefühlt doch mal voll von vorne kommt, etwa in Roth auf Runde zwei nach der Verpflegung in Eckersmühlen, dann bleibe einfach liegen. Denn nur unten ist schnell und so richtiges #fratzengeballer. Und dann fröhliches Segeln! #getaero #aeroiseverything #zeitfahren #timetrial #triathlon #cyclingpics #simplyfaster #derbaranskishop #marginalgains
Bilder von www.fotorika.de und von http://www.wagenmakers.nl/foto/ und diesem Janni Lachmann. Comments are closed.
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Hier geht es um Sport an der frischen Luft! Dabei ist mindestens ein Fahrrad involviert und manchmal geht auch was kaputt. Sei es an Mann oder Maschine.
Da ich im Norden lebe, ist es zehn Monate im Jahr kalt und nass . Die Radfahrerbräune bleibt dabei auf der Strecke. Dafür klebt der Dreck überall und die Rotze gern mal quer. Was mir dabei durch den Kopf geht oder auf der Strecke bleibt, findet ihr hier bei mir im Blog #fratzengeballer. Also, welcome to the real world! Der Baranski Archiv
September 2024
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