Lange war hier im Blog nichts los, einfach weil ich zu viel um die Ohren hatten. Kurz vorm Fest jetzt mal wieder was zum Thema Technik, aus aktuellem Anlass. Auch wenn die Tage bald wieder länger werden, was anderes wird nämlich immer kürzer: Die Kurbeln. Bei mir fing das in den 1980er Jahren an, da war ich noch mit 180 und 185 Millimetern unterwegs. Nicht am Rennrad, sondern beim BMX. Wer die Disziplin „Race“ kennt, der wird wissen, dass es da ganz wesentlich auf den Start ankommt um als Erster in die erste Kurve zu fahren, auch „Holeshot“ genannt. Damals klang eine lange Kurbel mit viel Hebel attraktiv und logisch, um die ersten paar Umdrehungen mit so viel Kraft wie möglich drücken zu können. 180er Kurbel hatten alle ab 15 Jahren, die Größeren so wie ich auch gern mal 185. Im Nachhinein mag das als ziemlicher Käse daherkommen, schließlich muss man ja auch möglichst schnell auf hohe Drehzahlen kommen, und da ist lang eher hinderlich, siehe auch die anderen Bahnspezialisten, wo niemand auf die Idee kam. Auf der anderen Seite war damals auch sonst viel Blödsinn angesagt, den man heute so auch beim BMX nicht mehr macht. Etwa vier Bar auf den 20 x 1,75-Zoll-Reifen, weil sich das schnell anfühlte. Oder extra weiche Skateboard-Schuhe von Vans, die sich bei meiner Größe 48 halb um das Pedal wickelten, wenn ich reinlatschte. ABER: Die gab es in kariert und das war eben cool und das Wichtigste. Oder, ach du meine Güte, Ketten und die Einfach-Freiläufe von Shimano wurden in heißem Fett gekocht, damit das extra gut lief. Das Fett hing dann das ganze Jahr in der Levis 501, mit der wir Rennen fuhren, wie die coolen Typen aus der „BMX Action“, die ich im Abo hatte. Als es dann irgendwann auf das MTB ging, war da eine Länge gesetzt, damals immer noch mit drei Kettenblättern und zwar die kurz klingenden 175 Millimeter. Vorteil von kurz im Wald: Man setzt nicht so oft auf. Beim Downhill waren die deshalb zum ersten Mal sogar noch kürzer. Auf dem Rennrad war aber erstmal wieder lang angesagt, weil „die Profis machen es ja auch“. Vor allem die großen, so wie mein Held der zweiten Jugend, Mario „Der König der Löwen“ Cipollini. Also wieder rauf auf 180er DURA-ACE und solche Auswüchse wie 150er Vorbau von DEDA Elementi aber ganz tief und ohne Spacer. Sah rattig und schnell aus, allerdings hatte ich immer taube Flossen und Nackenschmerzen. Wohlgemerkt, das war Anfang der 2000er und Bike-Fitting brauchte/kannte/machte keiner, weil „das hatten wir ja früher auch nicht.“ Über die Jahre hielt dann erstmalig sowas wie Vernunft Einzug. Argumente und Praxiserfahrung zeigten halt, dass man so irre lange Kurbeln nicht so schnell bewegen kann wie kürzere. Irgendwann gab es auch Studien, die belegten, dass man mit lang keinen Deut besser unterwegs ist, auch wenn man lange Beine hat. Als Kompromiss wechselte ich dann sukzessive auf 175 und zwar bei allen Kurbelgarnituren die ich so hatte, fast alle dann irgendwann auch mit Powermeter dran und damit relativ kostenintensiv. Die ersten richtigen Bike-Fittings hatte ich grob vor fünfzehn Jahren und wenn das gute Ansätze waren, dann wurde da auch immer irgendwie die Tretkurve beobachtet und per 3-D- oder ähnlichem Modell abgebildet. Die war bei mir immer recht gut, wie ich tippe auch, weil ich jahrelange mit Powercranks trainiert hatte, die dir zeigen, worauf es bei der Tretbewegung auch ankommt, weil beide Kurbel entkoppelt sind und erstmal nach unten hängen. Die Dinger gibt es heute glaube ich gar nicht mehr, zumindest sieht die Website so aus. Ich habe das vor Jahren auch wieder eingestellt weil der Hüftbeuger dadurch extrem leidet. Egal, es lief ja rund, damals schon vor allem im Zeitfahren, wo es ja auch auf gleichmäßiges „Dieseln“ ankommt und nicht auf Wattspitzen oder diese dauernde Anlatscherei. Kleiner Tipp am Rande: Die Schuhplatten ganz hinten sind hierzu eine gute Idee, weil sie Stabilität bringen und den Range deiner Drehbewegung um den Dreh- und Angelpunktes deines Rades reduzieren. Das ist nämlich dein Tretlager, von dem aus alles andere gemessen wird. Immer wenn es um potenzielle Verbesserungsmöglichkeiten ging, hieß es, ich solle doch auch mal 170er probieren, das könne vielleicht was bringen. Weil ich den Keller voller 175er hatte, wollte ich das aber nie so richtig hören. Und dann gab es da auch Beispiele, die nach kurz wieder auf lang gingen (dann auch „nur“ 175), weil es bei Ihnen nichts brachte. Bei mir hätte das einfach auch zu viel gekostet. Dass da was im Busch war, sah man aber immer, wenn es was aus dem Triathlon gab, wo die Pros, auch die großen immer kürzer wurden. Also mit den Kurbeln. Argument da immer, für mich aber nur so mittelinteressant, weil ich nach dem Zeitfahren eh nur noch humpeln und nicht mehr laufen kann: Ein offenerer Hüftwinkel, sprich mutmaßlich eine bessere Durchblutung der Beinmuskulatur und in der Abschlussdisziplin dann eben mehr Bumms. Da gibt es allerdings diverse Sichtweisen zu und oft habe ich das Gefühl, alle erzählen einfach das, was einer vorgibt als immer zutreffend. Gemessen haben dürften das nur wenige, wenn überhaupt. Mal sehen, wo der Trend in zehn Jahren ist. Die Wende für mich kam dann dieses Jahr, weil ich immer mal wieder Test-Bikes in „Large“ bekam, wo dann serienmäßig nur noch 170er drauf waren. Und die fühlten sich einfach verdammt gut an. Die Sitzhöhe habe ich um die Differenz von fünf Millimetern nach oben angepasst und irgendwie saß ich plötzlich immer glücklicher. So, und weil ich im Zuge vom einem neuen TT-Bike eh gerade viel am Basteln und Umsortieren war, habe ich den Schritt da jetzt auch vollzogen und das mit 170 aufgebaut. Bin ich damit jetzt schneller? Keine Ahnung. Aber wenn sich etwas besser anfühlt und dich nicht langsamer oder sonst wie Probleme macht, dann solltest du es tun. Speziell beim Zeitfahren ist der Wohlfühlfaktor ja begrenzt, gerade deshalb solltest du aber alles tun, was dir dann im Wettkampfmodus ein bisschen was an Wellness bringt. Dem ganzen Thema werde ich auf jeden Fall auch nochmal samt Bike-Fitting, Messung von Tretkurve und Co. und idealerweise auch mal wieder im Aero-Test auf den Grund gehen. Zum Hin- und Herwechseln habe ich unter anderem auch eine SRM Origin mit Look-Armen im Betrieb, bei der man mit drehbaren Pedalaugen die Kurbel in 2,5-Millimeter-Schritten von 170 bis 175 verstellen kann. Morgen ist allerdings erstmal die erste richtige Jungfernfahrt mit meinem neuen Baby angesagt, einem P5 von Cervélo. Aber das wird eine andere Geschichte mit, keine Sorge, jeder Menge Bikeporn!
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Da ich im Norden lebe, ist es zehn Monate im Jahr kalt und nass . Die Radfahrerbräune bleibt dabei auf der Strecke. Dafür klebt der Dreck überall und die Rotze gern mal quer. Was mir dabei durch den Kopf geht oder auf der Strecke bleibt, findet ihr hier bei mir im Blog #fratzengeballer. Also, welcome to the real world! Der Baranski Archiv
September 2024
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